Der Bendlerblock

Havemann und der Kommunismus

Buch und Regie Ute Bönnen und Gerald Endres
Kamera Friedemann Rehse
Schnitt Gabi Seelis, Ginny Lange
Redaktion Rolf Bergmann
Produktion RBB
Erstaustrahlung 06.12.2014 im RBB
Länge 45 min
Inhalt:

Im Bendlerblock entschied sich mehrmals Deutschlands Schicksal: Krieg oder Frieden, Diktatur oder Demokratie. Verschwörungen fanden in diesen Mauern statt - und Hinrichtungen. Heute ist der Baukomplex am Landwehrkanal der Berliner Sitz des Bundesverteidigungsministeriums.

Vor 100 Jahren, 1911, wurde mit der Errichtung des Gebäudekomplexes im Tiergartenviertel begonnen. Der Neubau war für das Reichsmarineamt bestimmt. Dieses Amt trug unter Großadmiral Alfred von Tirpitz mit seiner Flottenrüstung und seinem Einfluss auf die Politik maßgeblich zum Konflikt mit England bei. – Da war einer der Grpnde für den Ausbruch des Ersten Weltkriegs.

Nach dem verlorenen Krieg blieb weiter Militär in dem Gebäude, das Reichwehrministerium und die Heeresleitung zogen ein. Ihr Handeln war von Anfang an geheimnisumwittert. Das Militär war ein Staat im Staate, sorgfältig von der Öffentlichkeit abgeschirmt. Die meisten Militärs standen der Weimarer Demokratie feindlich gegenüber, heimlich rüsteten sie entgegen den Bestimmungen des Versailler Vertrags auf und unterstützten illegale Wehrverbände. Viele Reichswehrangehörige begrüßten die Machtübergabe an Hitler, einige wenige aber, wie Kurt von Hammerstein-Equord, erkannten schon früh, dass Hitler Deutschland ins Unglück führen würde, und versuchten seine Kanzlerschaft zu verhindern.

Im Nationalsozialismus wurde aus dem Reichswehrministerium das Reichskriegsministerium - und der Krieg folgte bald nach. Im Bendlerblock saßen das Allgemeine Heeresamt des Oberkommandos der Heeres und die Leitung des Ersatzheeres. Hier war Oberst Stauffenberg dafür zuständig, immer neuen Ersatz für die Verluste an den Fronten zu organisieren, hier wurde das Attentat vom 20. Juli 1944 vorbereitet, von hier sollte der Umsturz geleitet werden. Als die „Operation Walküre“ scheiterte, wurden noch in der Nacht des 20. Juli im großen Hof die ersten Widerständler um Claus Schenk Graf von Stauffenberg erschossen. Am Denkmal für die Erschossenen vorbei gehen heute die Soldaten aus dem Verteidigungsministerium zum Essen in die Kantine, und an dem Ehrenhof für die ermordeten Widerstandskämpfer liegt heute auch die "Gedenkstätte Deutscher Widerstand".

Das ehrende Gedenken an den Widerstand war in der Bundesrepublik lange Zeit nicht selbstverständlich. In den ersten Jahren nach dem Krieg war die Einrichtung einer Gedenkstätte nicht vorgesehen. Erst nach dem Aufstand am 17. Juni 1953 in der DDR wurde der Widerstand gegen eine Diktatur allgemein als gerechtfertigt angesehen, zudem stand die Wiederbewaffnung an, und der militärische Widerstand gegen die Nazidiktatur bot eine vorzeigbare Traditionslinie deutschen Soldatentums.

Aber bis in die 60er Jahre mussten die Hinterbliebenen um ihre Pensionen kämpfen, die Kinder wurden häufig als "Verbrecher-" oder "Verräter-"Kinder angesehen und behandelt.

In der DDR wurde der Widerstand des 20. Juli zunächst als Teil des antifaschistischen Widerstands anerkannt, doch ab den 50er Jahren wurden die Widerstandkämpfer aus dem Bendlerblock als eine Clique feudaler Militaristen dargestellt, die ihre Privilegien aus der vorhersehbaren Niederlage des Faschismus retten wollten und die Absicht hatten, gemeinsam mit den westlichen Alliierten weiter gegen die Sowjetunion zu kämpfen. Dieses Bild änderte sich nur langsam ab den 60er Jahren, in den 70er Jahren wurden die Widerstandskämpfer um das Attentat vom 20. Juli 1944 wieder als "Patrioten" anerkannt.

Der Film zeigt die Geschichte eines großen Gebäudekomplexes im Herzen Berlins, ein Nebeneinander von Ministerium und historischem Gedenken, von Soldaten und Touristen, eine Ort, an der sich mehrmals das deutsche Schicksal entschied und an der es auch heute wieder um Krieg und Frieden geht. Hildur Zorn, eine Tochter Kurt von Hammersteins, erzählt vom Leben als Kind in der Dienstwohnung im Bendlerblock, und wie ihr Vater als Chef der Heeresleitung zu Hitler stand, Karsten Hansen beschreibt, wie sein Vater als leidenschaftlicher Soldat zum Widerstand kam und Rudolf Georgi, ein Enkel des im Bendlerblock hingerichteten Friedrich Olbricht, beschreibt, wie die Hinterbliebenen der Widerstandskämpfer in den ersten Jahren der Bundesrepublik um Anerkennung und Pensionen streiten mussten.


Manuskript des Films (←Klick)